Mittwoch, September 24, 2008

Private Abrüstungsinitiative vor Gericht

Am Donnerstag, den 25. September 2008, beginnt vor dem für Staatsschutzsachen zuständigen 1. Strafsenat des Berliner Kammergerichts der Prozess gegen drei vermeintliche Mitglieder der »militanten gruppe« (mg).

Zu Last gelegt wird ihnen, am Morgen des 31. Juli 2007 in Brandenburg/Havel versucht zu haben, drei Lastkraftwagen der Bundeswehr in Brand zu setzen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen in der Anklageschrift Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie versuchte Brandstiftung und Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel vor gemäß § 129 Abs. 1, §§ 305a, 306, 22, 23, 25 StGB vor (siehe Pressemitteilung 16/2008 vom 28.07.2008).

Das Strafverfahren rief bereits unter anderem deshalb Protest hervor, weil auch gegen den Berliner Soziologen Andrej Holm ermittelt wurde. Den gegen ihn am 1. August 2008 erlassenen Haftbefehl hob der Bundesgerichtshof am 18. Oktober 2007 mit der Begründung auf, dass gegen ihn allenfalls der Anfangsverdacht der Mitgliedschaft in der Vereinigung „militante gruppe (mg)“ bestehe, nicht aber der für einen Haftbefehl erforderliche dringende Tatverdacht.

In einem Interview mit der Zeitung »analyse & kritik« kritisierte der Verteidiger eines der Angeklagten, Sven Lindemann, die Anklageerhebung wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Neben der grundsätzlichen Ablehnung des »Sonderpagrafen« § 129 StGB wirft er der Bundesanwaltschaft vor, Anklage wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung erhoben zu haben, obwohl es für eine direkte Beteiligung auch nur eines der Angeklagten an weiteren der »mg« zugerechneten Anschlägen »nie ansatzweise irgendeinen Beweis« gäbe.

Weitere Kritik riefen die vor Prozessbeginn angeordneten Sicherheitsvorkehrungen hervor. Der Vorsitzende Richter Josef Hoch ordnete an, die Personalausweise sämtlicher Prozessbesucher »zur besseren Identifizierung von Störern« zu kopieren. Die Sicherheitsverfügung enthält zudem einen umfangreichen Katalog von Gegenständen, die ZuschauerInnen nicht mit in den Gerichtssaal nehmen dürfen. Daneben sollen bewaffnete Polizisten mit und ohne Uniform im Gerichtssaal anwesend sein.

Das Bündnis für die Einstellung der §129-Verfahren meint hierzu:

»Hier werden drei Antimilitaristen schon durch die Rahmenbedingungen im Gericht in die Nähe von organisierter Kriminalität gestellt. Das Anklagekonstrukt, die lange Untersuchungshaft und das Verfahrensprozedere - alles ist völlig überdimensioniert.«
Das Einstellungsbündnis befürchtet zudem, dass die Angeklagten nicht mit einem fairen Prozess rechnen können. Der Vorsitzende Richter habe die Anklage zugelassen, obwohl nach seinen Informationen den Verteidigern der drei Angeklagten nicht alle vorhandenen Ermittlungsakten zugänglich gemacht worden.

Zweifel an der Fairness des Prozesses begründet auch der Umstand, dass die Bundesanwaltschaft zum Beweis der Mitgliedschaft der drei Angeklagten in der »mg« die Aussagen eines Verfassungsschutz-Informanten durch Vernehmung des BfV-Präsidenten Fromm als Zeugen in das Verfahren einbringen will. Nach Einschätzung von Lindemann wird dessen Aussage dennoch nichts Substanzielles hervorbringen.

Die mündliche Verhandlung ist bereits jetzt bis in den Januar 2009 terminiert. Verhandelt wird im Saal 700 des Moabiter Kriminalgerichtsgebäudes (Turmstrasse 91, 10559 Berlin).

Weitere Termine: 01.10. (11.00 Uhr), 08.10 (13.00 Uhr)., 09.10., 15.10., 16.10., 29.10., 30.10., 05.11, 06.11., 12.11, 13.11., 10.12., 11.12., 17.12., 18.12., 07.01.2009, jeweils 9.00 Uhr.

Leitfaden des Einstellungsbündnisses für ProzessbesucherInnen

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