Montag, September 17, 2007

Bundeswehrverband ruft zur Befehlsverweigerung auf

Der erneute Vorstoß des Verteidigungsministers zum Abschuss entführter Flugzeuge hatte massive Proteste ausgelöst. Der Deutsche Bundeswehrverband und der Verband der Jetpiloten riefen die betroffenen Piloten dazu auf, sich den Vorgaben des Ministeriums zu widersetzen.

Quelle: NetZeitung

Der Verband der Jetpiloten in der Bundeswehr hat scharfe Kritik an der Ankündigung von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) geübt, ein für einen Terroranschlag entführtes Passagierflugzeug notfalls auch ohne gesetzliche Grundlage abschießen zu lassen. Eine solche Anweisung käme einer «Aufforderung zur Erfüllung eines rechtswidrigen Befehls gleich», sagte Thomas Wassmann, Vorsitzender des Verbandes der Besatzungen strahlgetriebener Kampfflugzeuge der Bundeswehr, der «Leipziger Volkszeitung».

«Ich kann den Piloten nur empfehlen, in einem solchen Fall dem Befehl des Ministers nicht zu folgen.» Piloten, die sich so verhielten, könnten «mit der vollen Solidarität des Verbandes» rechnen, betonte dagegen Wassmann weiter. Er empfinde es «als merkwürdig, dass ein Minister nicht in der Lage ist, trotz aller seiner Parteibeziehungen in den zuständigen Gremien eine Entscheidung herbeizuführen, um eine rechtlich saubere Klärung in der Sache zu organisieren».

«Stattdessen benutzt man die Piloten als Mittel zum Zweck, indem man sie öffentlich in Bedrängnis bringt, um dadurch die Diskussion voranzutreiben, die man selbst nicht klären kann», kritisierte der Verbandschef. Das sei merkwürdige Form von Politik. Er gehe davon aus, «dass Herr Jung die Piloten ähnlich wie mich völlig überrascht hat mit seiner öffentlichen Festlegung».

Die Debatte habe eigentlich zunächst als beendet gegolten, nachdem das Bundesverfassungsgericht einen klaren Schlussstrich gezogen habe. Dazu habe es auch klare Dienstanweisungen für die Piloten gegeben. Wassmann appellierte an die Piloten, sich nicht zum Spielball machen zu lassen. «Ich kann nur jedem Piloten raten, sich im Zweifelsfall so zu verhalten, dass es nicht zu einer Situation kommt, in der der Minister die politische Verantwortung übernimmt und der Pilot ins Gefängnis wandert.»

Das Verteidigungsministerium sieht dagegen keine Möglichkeit, den Befehl zu verweigern: Es seien Situationen denkbar, die eine Berufung auf den übergesetzlichen Notstand ermöglichten und erforderten, sagte ein Ministeriumssprecher. Das sei verfassungsrechtlich anerkannt, solange es keine klare Regelung im Grundgesetz gebe. Auf die Frage, ob Piloten den Befehl nicht verweigern dürften, sagte er, wenn es einen übergesetzlichen Notstand gebe und ein entsprechender Befehl erteilt würde, wäre das richtig.


Der/die kundige Sondervotum-LeserIn bemerkt sofort: Die Frage wurde nicht beantwortet. Daher als kleine Rechtshilfe für AbfangjägerpilotInnen: Ein mit einem übergesetzlichen Notstand begründeter Befehl kann verweigert werden. Da die übergesetzliche Notstandshandlung keine Rechtfertigung findet, sondern allenfalls entschuldigt werden kann, ist der/die SoldatIn sogar remonstrationspflichtig. Denn ein offensichtlich rechtswidriger Befehl darf nicht befolgt werden.


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